„Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ von Kevin O'Day. Tanz: Hitomi Kuhara

„Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ von Kevin O'Day. Tanz: Hitomi Kuhara

Hier spielt die falsche Musik

Kevin O'Day choreografiert für Kinder

David Langs mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneter Zyklus für vier Gesangsstimmen und Schlaginstrumente „The Little Match Girl Passion“ nach dem Andersen-Märchen stellt viel zu hohe Ansprüche als Klangkulisse für ein Kinderballett.

Gelsenkirchen, 27/11/2016

Schwere Kost tischt Gelsenkirchens „Ballett im Revier“ Kindern ab acht Jahren auf. Nein, ein fröhliches Weihnachtsmärchen für die Kleinsten ist „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ nach Hans Christian Andersen in der Choreografie von Kevin O'Day mitnichten, auch wenn die Geschichte mit großer Klarheit und Übersichtlichkeit des Personals erzählt wird. Wohl aber ist diese Inszenierung ein Leckerbissen für Freunde neoklassischen Balletts und zeitgenössischer minimalistischer Musik und Gesangskunst. Allerdings: als Klangkulisse für ein Kinderballett stellt David Langs mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneter Zyklus für vier Gesangsstimmen und Schlaginstrumente „The Little Match Girl Passion“ nach dem Andersen-Märchen viel zu hohe Ansprüche. Von den englischen Texten ist praktisch kein einziges Wort zu verstehen. Die ständigen Repetitionen bar jeder Dynamik und gesanglicher Klangvielfalt irritieren in dieser Konstellation eher als harmonischer Bestandteil der Aufführung zu werden.

O'Day, nun also ‚frei’ nach dem eher unerfreulichen Aus als Mannheimer Ballettintendant, erzählt die rührende romantische Geschichte zeitnah, aber nur bedingt realistisch. Schon während die Zuschauer ihre Plätze einnehmen, beginnt die Rangelei zwischen dem Mädchen und zwei Rowdies als Pantomime vor der ersten Parkettreihe. Die Rüpel stehlen ihr einen Schuh und die Zündholzschachteln, die sie verkaufen sollte. Die (längst verstorbene) Großmutter im langen rosa Gewand mit Glockenrock geistert auf der Bühne als Vision durch das Ensemble hoher Säulen (Ausstattung: Thomas Mika), die sich zusammenschieben und gruppenweise auseinanderweichen, lautlos nach vorn und hinten bewegen. Ein Großstadtpaar flaniert immer wieder vorüber - mitleidig die Frau, eiskalt der Mann. Einen wärmenden Eisenofen, einen geschmückten Weihnachtsbaum und eine gebratene Gans sieht das Kind in sehnsüchtigen Fantasien. In eisiger Winternacht verhungert und erfriert das Kind schließlich. Die Großmutter holt es liebevoll zu sich.

Meist sind nur ein bis drei Tänzer auf der Spielfläche. Leicht zu verstehen ist jede Szene. Hinreißend weiche Linien und Gestik zeichnet O'Days Choreografie. Alle Bewunderung gilt Bridget Breiners Kompanie, die sich durch sehr natürliches Spiel und vorzügliche Technik auszeichnet: Hitomi Kuhara (gastierend) als das kleine Mädchen, Francesca Berruto als Großmutter, Tessa Vanheusden und José Urrutia als Großstadtpaar, Valentin Juteau und Louiz Rodrigues als Straßenjungen.
 

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