Hubbard Street 2 im Regensburger Velodrom

Hubbard Street 2 im Regensburger Velodrom

Im Hippieoutfit zum Voodoo-Dance

„Hubbard Street 2“ bei den Regensburger Tanztagen

Im Velodrom sagen sechs junge Tänzer der amerikanischen Kompanie im fleischfarbenen Bühnendress „Hello“ und tun das zur gewitzten Choreografie ihres künstlerischen Leiters Terence Marling was sie können – tanzen.

Regensburg, 26/11/2016

Kurze Vorstellungsrunde in sieben Minuten. Im ausverkauften Velodrom sagen sechs junge Tänzer der amerikanischen Kompanie „Hubbard Street 2“ im fleischfarbenen Bühnendress „Hello“. Die Stimme, die Wilson, Andy, Natalie, Yue Ru, Nicole und Isaac vorstellt und erklärt, was derjenige gerade tänzerisch macht, kommt aus dem Off. Die Tänzer tun das zur gewitzten Choreografie ihres künstlerischen Leiters Terence Marling was sie können – tanzen. Das Juniorensemble ist die Nachwuchschmiede der renommierten Company Hubbard Street Dance Chicago (HSDC), in der die späteren HSDC-Tänzer weiter ausgebildet werden. Zwischen 17 und 25 Jahren alt, kommen die Talente bereits mit einer klassischen Ausbildung in die bedeutende Theaterstadt am Michigansee, wo sie im Bereich das modernen Tanzes mit all seinen Facetten weitermachen – vom Hiphop über Street Dance bis hin zu Contemporary Dance.

Schwere Schläge, die wie rhythmischer Donner oder Kanonen ein bedrohliches Szenario abstecken, entwickeln im nachfolgenden Duett „Never was“ von Hauschoreograf Alejandor Cerruda eine düstere Stimmung. Wenig Licht, das die Tänzer zunächst nur in Konturen zeichnet, unterstreicht dieses Gefühl noch. Einer tanzt synchron dem anderen hinterher, bevor sie im lauten Fanfarenklang barocker Musik von Händel und Purcell als Paar zu einem Duett zusammenfinden. Langsam, wie mehrere der präsentierten Stücke, kriecht auch „Floating after times“ von Peter Chu über die nur von einer großartigen Lichtführung eingehegten Bühne. In einem fesselnden Reigen formiert sich die rot gewandete Gruppe in wechselnden Konstellationen – Duos, Trios, Solos bis zum Ensembletanz – zu immer neuen Bildern. Die Tänzer verbinden sich, übersteigen sich, lösen sich und schleifen sich gegen Widerstände über den Boden, bis ihnen am Schluss das Leben wie Sand durch die Finger rinnt. Ein erhabener, schneller Reigen, voller Pathos, der seine Weltpremiere in Regensburg erlebt – und entfernt an an Stravinskys Frühlingsopfer denken lässt.

Auch in die beiden längeren Choreografien nach der Pause, „Clan(device)“ von Alice Klock und „Changed in its Affection“ von Bryan Arias, bilden Langsamkeit bis zum temporären Stillstand und bedächtige Bewegungen häufig genutzte Mittel. In Klocks Stück, zu dem sie selbst auch Musik beigesteuert hat, ziehen heftige Luftgeräusche die Aufmerksamkeit auf den Menschen als solchen. Leidet jemand? Strengt sich jemand übermäßig an? Der Tanz des hippiesk bunt gekleideten Völkchens wird zum Voodoo-, zum Tempel-, zum spirituellen Tanz, Anleihen bei indischen und javanischen Einflüssen inklusive. Magie wird zelebriert, selbst der große Zauberer wird zum Leben erweckt. Auf die realen gesellschaftlichen Verhältnisse will man das gar nicht übertragen wissen.

Bob Dylans „The Times They Are a-Changin’“ liefert den Soundtrack für einen gewitzten Ausklang von Arias' selbstkritischer Choreografie über die eigene Identität. Ironisch und süffisant spießt er die Beweihräucherung – und wahrscheinliche Selbstbeweihräucherung – vermeintlicher und echter Größen auf und lässt sie im Lachen der Zuschauer untergehen. Die Idee von sich selbst, die man daraus ableitet, welchen Einfluss man selbst auf Menschen um sich herum hat, wirkt in der Produktion allerdings etwas zu sehr ausgewalzt. Die Leichtigkeit und unbedingte Beweglichkeit, mit der diese junge Truppe die verschiedenen choreografischen Handschriften integriert, ist ein faszinierendes Erlebnis. Das ebenfalls weit überwiegend junge Publikum, ein toller Erfolg für die Veranstalter von der Mälzerei, honoriert es mit heftigem Trampeln und stürmischen Beifall.
 

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