„Fall Seven Times“ von Guy Nader & Maria Campos

„Fall Seven Times“ von Guy Nader & Maria Campos

Von innen nach außen, von oben nach unten

Choreografien von Alessandra Corti sowie Guy Nader & Maria Campos bei tanzmainz

„Magma“ heißt der neue Tanzabend in Mainz, keines der gezeigten Stücke dringt jedoch so tief ins Erdinnere ein.

Mainz, 02/11/2016

‚Glauben’ hat sich Alessandra Corti als thematisches Stichwort für die Choreografie ausgesucht, die sie im Auftrag von tanzmainz-Chef Honne Dohrmann für den neuen Mainzer Tanzabend geschaffen hat. Inspirierende Textgrundlage war ein Prosagedicht von J. G. Ballard, ein surrealistisches Glaubensbekenntnis, das sich längst von den religiösen Konnotationen befreit hat. Aber wie zeigt man den persönlichen Glauben – oder besser gesagt, die Obsessionen - im Tanz? Corti, selbst Mitglied der Mainzer Kompanie, war sich wohl selbst nicht so sicher. Jedenfalls beginnt ihr Stück „Fieber“ für sechs TänzerInnen mit einer Projektion einschlägiger Gedichtzeilen, von denen man beim Lesen schon ahnt, dass sie schwierig in Tanz umzusetzen sind. Und so scheint das muntere Nachtvölkchen, das die Italienerin auf der schummrigen Bühne versammelt, zwar von unsichtbaren Mächten angetrieben – aber von welchen, bleibt vielfach offen. Und dass dieser Antrieb am Ende dazu führt, dass alle Sechs in breiter Front frontal auf der Stelle laufen – das ist ein eher formal als inhaltlich begründeter Abschluss.

Wo Form und Inhalt zusammenfinden, läuft das Stück zu großer Form auf: als eine Tänzerin versucht, ihre teils schlaffen, teils sperrigen KollegInnen in einem Tableau vivant zu arrangieren. Die Szene hat nicht nur Witz und doppelten Boden, sondern erzählt auch mit tänzerischen Mitteln von einer nachvollziehbaren Besessenheit.

Guy Nader & Maria Campos, der Libanese und die Spanierin, sind ein eingespieltes Choreografenpaar. Ihr Stück „Fall Seven Times“ handelt nicht nur vom Hinfallen, sondern auch vom Wiederaufstehen - sei es mit eigener oder fremder Hilfe. Die Bühne ist hell, die Zimmerwand schief und Balance nirgendwo Selbstverständlichkeit. Elf TänzerInnen der famosen Kompanie von tanzmainz (nicht zufällig sind die Männer bei weitem in der Überzahl) demonstrieren die Macht der Schwerkraft und den immerwährenden Kampf dagegen. Dabei sind nicht nur die akrobatischen Fähigkeiten jedes Einzelnen gefragt, sondern das blitzschnelle Zusammenspiel zwischen Partnern, die den Fall aufhalten, mildern oder das Aufstehen leichter machen. Das Ganze funktioniert in den besten Sequenzen wie eine Trapeznummer am Boden – ebenso waghalsig, ebenso risikoreich und ebenso auf absolutes gegenseitiges Vertrauen gegründet. Im souveränen Umgang mit der für die beiden Choreografen ungewohnt großen Tänzerzahl und im perfekten Spannungsbogen liegt die handwerkliche Qualität dieser Arbeit.

„Magma“, die im Erdinnern brodelnde Masse aus geschmolzenem Stein, lieferte den assoziativen Titel des neuen Mainzer Tanzabends. Tatsächlich so tief geschürft hat keines der beiden Stücke. Dem Publikum gefiel’s trotzdem; „Fall Seven Times“ lockte gar (in der 2. Vorstellung) spitze Jubelschrei und Standing Ovations hervor.
 

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