Zum Tod von Germinal Casado

Ein großer Künstler des Tanzes hat sich endgültig verabschiedet

Pick bloggt über die erste Begegnung mit dem Tänzer des Ballet du XXe siècle und erinnert sich an viele gemeinsame Abende im Badischen Staatstheater.

Italien, 11/08/2016
Germinal Casado wäre in diesen Tagen 82 Jahre alt geworden, wenn er nicht schon am 27. März dieses Jahres von der Öffentlichkeit fast unbemerkt in seiner Residenz am Lago d´Orta gestorben wäre. Es ist nicht untypisch für ihn, dass er nur so lange er engagiert war, von seiner Umwelt wahrgenommen wurde. So wie er einige Jahre, nachdem er sich von Béjart trennte, eine Zeit lang in der Versenkung verschwand. Und auch seinen achtzigsten Geburtstag verbrachte er unspektakulär.

Bewusst bin ich ihm das erste Mal begegnet als das Ballet du XXe siècle mit Maurice Béjarts „Bolero“ in Nervi gastierte, wo wir mit dem Folkwang Tanztheater einige Tage vorher mit dem „Grünen Tisch“ aufgetreten waren, denn dort begegneten sich die Teilnehmer dieses Festivals zwangsläufig. Er war eine Erscheinung, die sicherlich nicht zu übersehen war, und strahlte als Privatperson wie auf der Bühne etwas ganz Besonderes aus, was ihm auch bewusst, aber nicht unbedingt angenehm war, denn im Grunde war er eher zurückhaltend.

Erst mit achtzehn Jahren hatte er begonnen zu tanzen, in seiner Heimatstadt Casablanca. Eine Ausbildung als Designer war da schon absolviert. Ich wusste nicht, dass seine Wurzeln in Marokko lagen, sondern hielt ihn immer für einen Argentinier, so kann man sich täuschen. Seine Lehrerin meinte, er müsse unbedingt nach Paris gehen. Dort hat dann kurz beim Grand Ballet du Marquis de Cuevas, der das Geld seiner Frau, einer Baronin Rothschild, für diese hochberühmte Kompanie ausgab, getanzt Ich weiß nicht, ob die Kompanie in Deutschland, evtl. in Berlin, gastiert hat, aber mein Lehrer Hans Züllig kam aus Paris zurück und schwärmte von „La Belle au bois dormant“. (Züllig war Dozent für modernen Tanz an der Folkwangschule...)

Während dieses Pariser Engagements traf Germinal auch Maurice Béjart, den jungen Choreografen, der seine Kunst in Paris auf die Bühnen brachte und anschließend die deutsche Provinz beglückte, wo ich Germinal wahrscheinlich gesehen habe. Mit Sicherheit aber habe ich ihn im „Sacre du Printemps“, das Béjart für das Théâtre de la Monnaie in Brüssel machte, gesehen, wo ich natürlich hinfuhr. Von der Zeit an war Germinal für die Kostüme und vor allem das Make-Up zuständig und prägend. Ich war fasziniert. Unvergessen bleibt mir auch die Version „Roméo & Juliette“, die Béjart zu Musik von Berlioz schon im Cirque Royal machte und in der Germinal ein unvergesslich böser Tybalt war. Ob das schon die Ankündigung oder seine Trennung von Maurice war, daran erinnere ich mich nicht, jedenfalls verschwand er für einige Jahre - und als Tänzer überhaupt.

Bis er als Direktor des Balletts in Karlsruhe wieder auftauchte und höchst erfolgreich für fünfzehn Jahre große Produktionen auf die Bühne brachte. Zu der Zeit war ich dann auch schon Ballettchef in Ulm und habe eine ganze Reihe seiner Abende gesehen. Und mit schöner Regelmäßigkeit trafen wir uns im Foyer des Staatstheaters. Aber ich fand immer, dass er als Ausstatter wesentlich begabter war, als in seiner choreografischen Tätigkeit.

Fest steht aber, dass er ein stilbildender Theatermann war, dem das Badische Staatstheater internationale Erfolge verdankte, was um die Ecke vom Stuttgarter Ballettwunder nicht leicht war. Glücklicherweise wurde er dafür auch ausgezeichnet vonseiten der Staatsregierung. Wer ihn gekannt hat, wird ihn sicher nicht vergessen.

Eine schöne Website des Künstlers mit zahlreichen historischen Fotos findet sich unter germinal-casado.eu.

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