„Mönche und Nonne“ von Martin Schläpfer; Marcos Menha, Marlúcia do Amaral und Alexandre Simões

„Mönche und Nonne“ von Martin Schläpfer; Marcos Menha, Marlúcia do Amaral und Alexandre Simões

Bauern-Pas de deux und Klostertreffen

Pick bloggt über die vierte Osnabrücker Tanzgala, in der auch der Humor nicht zu kurz kommt

Höhepunkt der vierten Tanzgala unter Mauro de Candia ist sicherlich die Uraufführung von Martin Schläpfers „Mönche und Nonne“.

Osnabrück, 18/06/2016

In der vierten Gala des erfolgreichen Engagements von Mauro de Candia erlebten wir den Tanzchef mit seiner höchst effizienten Mitstreiterin Patricia Stöckemann, die mit ihm in einer lockeren „Conference“ während der Umbaupausen kleine Kommentare zu den einzelnen Beiträgen gab, die manchmal sogar köstliche Lacher beim Publikum hervorriefen. So als sie sich nicht einigen konnten, wie der klassischste Teil des Programms angekündigt werden sollte. Patricia erdete den „Pas des paysant“ aus „Giselle“ als „Bauern-Pas de deux“ und genauso wurde er von Amyra Cristina Badro und Patricio Francisco, den mitreißenden Absolventen der Basler Theater-Ballettschule, getanzt.

Einen stimmigeren Gegensatz als mit Ilenia Montagnoli und Mikhail Kaniskin im Grand Pas aus dem 2. Akt des gleichen Balletts kann es nicht geben. Als die Montagnoli herein schwebte, mit ihrem edlen Köpfchen, war ich sicher, es handele sich um ein Paar mit Petersburger Hintergrund. Aber im Laufe ihrer Interpretation musste ich immer wieder an Carla Fracci denken, so schwerelos und makellos haben die beiden vom Staatsballett Berlin uns das serviert. Vom „Sterbenden Schwan“ in einer wüsten Choreografie der „Ballets Trockadero de Monte Carlo“, als er schon beim Auftritt pfundweise Federn ließ, kann man das nicht sagen. Sehr zum Vergnügen des Publikums absolvierte Rafaele Morra mit erstaunlicher Spitzentechnik dieses Travestie-Glanzstück und den russischen Tanz aus Schwanensee. Ob er ebenso berühmt wird wie die Pavlova zu Beginn des 20. Jahrhunderts, bleibt abzuwarten.

Eröffnet wurde der Abend mit „Sweet Shadow“ (Choreografie Stefan Thoss für die Tanzkompanie in Osnabrück), von dem leider nichts Prägnantes in meinem Gedächtnis hängen geblieben ist. Genau wie bei einem Solo aus „7 Dialogues“ von und mit Ty Boomershine, bei dem ich mich nur noch an die strahlende Glatze erinnere. Das wunderbare Mozart-„Andante“ von Hans van Manen wurde mit ihrem Partner Pascal Schut genauso glänzend getanzt wie das Oberteil von Yulanne de Groot schimmerte. Neben diesem stand das Chopin-Duo von de Candia für seine Tänzer Lennart Huysentruyt und David Lukas Hemm, den ich kaum wiedererkannte seit letztem Jahr, wegen seiner technischen Fortschritte und seiner großen Ausstrahlung. Das stellt wohl auch dem Ballettmeister Leonardo Centi ein gutes Zeugnis aus.

Absoluter Höhepunkt und das Ereignis für Osnabrück ist aber die Uraufführung einer Preziose von Martin Schläpfer für drei seiner Solisten in Düsseldorf/Duisburg mit dem hintergründigen Titel „Mönche und Nonne“. Keine Angst, es gab keine Kutten oder Tonsuren, sondern den inneren Kampf dreier Individuen mit unserer Erziehung, dem Glauben und dem, was das tägliche (Tanz-)Leben wohl mit sich bringt. Wie immer bei Martin wird vieles angedeutet, und manches kann man mit seiner eigenen Fantasie weiterspinnen, allerdings zu Lasten dieser wundervollen Tänzer Marlúcia do Amaral, Marcos Menha und Alexandre Simões. Wenn man seinen Gedanken freien Lauf lassen könnte und sie in den Hintergrund treten würden, wären sie nicht, was sie sind: Tänzer-Darsteller von Weltformat mit brasilianischem Hintergrund aus der Schule von Birgit Keil in Mannheim!

Die Mischung dieses Programms zeugt vom Mut der Veranstalter in einer solchen Gala das Lachen nicht zu kurz kommen zu lassen, denn es gab noch von Itzik Galili sein berühmtes „Sofa“, in dem zwei Herren nicht sicher sind, welcher von ihnen mehr Spaß haben wird mit der Dame, wenn überhaupt. Die drei vom Dortmunder Ballett Andrei Morariu, Francesco Nigro und vor allem Debora Di Giovanni hatten sich schnell entschieden. Wie man diese Nummer toppen kann, habe ich mich allerdings gefragt und war höchst gespannt, was Mauro für ein As im Ärmel habe, als Rausschmeißer. Er hatte das Ensemble „Introdans“ mit einer Choreografie von ihm selber, mit dem Titel „Meninos“, nach Osnabrück geholt, die er im Vorjahr dort zur Carmen-Musik in der Bearbeitung von Rodin Schtschedrin erarbeitet hatte. Und tatsächlich gelingt dem Ensemble zu dieser genialen Musik nach Georges Bizet, der man sich nicht verschließen kann, ein höchst vergnügliches Tanzstück von einem einfallsreichen Choreografen.

Natürlich Standing Ovation für die scheinbar zahllosen Mitwirkenden. Blumen von Patricia und Mauro und eitel Freude nach einer Veranstaltung, die, auch das ist erwähnenswert, nicht zweieinhalb Stunden überschritt, während vor den Eingangstüren des Jugendstil-Theaters noch ein bunter Markt mit afrikanischer Musik und vielem anderen dieses Kontinents wartete.

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