„Antiche Danze“ von Mauro Bigonzetto. Tanz: Balé da Cidade de São Paulo

„Antiche Danze“ von Mauro Bigonzetto. Tanz: Balé da Cidade de São Paulo

Triple Bill and double A-Quality

Balé da Cidade de São Paulo bringt drei Deutschlandpremieren ins Forum Ludwigsburg

Mauro Bigonzetti, Cayetano Soto und Itzik Galili bescheren dem Tanzforum Ludwigsburg ein volles Haus. Zu Gast ist das temperamentvolle Balé da Cidade de São Paulo, die größte Tanzkompanie Südamerikas mit dem Triple Bill-Programm „Antiche Danze“, „Adastra“ und „O Balcão de amor“.

Ludwigsburg, 24/02/2016

Sowohl das Ensemble als auch die Choreografen sind in Ludwigsburg keine Unbekannten, denn die brasilianische Kompanie hat hier schon mehrfach Station gemacht, unter anderem mit „Canela fina“ – das preisgekrönte und vielfach besprochene Zimt-Stück des damals 33-jährigen Soto hat hierzulande nachhaltig beeindruckt, man riecht Zimt und denkt an den Katalanen Soto und vice versa: Hört man den Namen Soto, steigt zarter Zimtduft in die Nase.

Was für Soto „Canela fina“, ist für Bigonzetti „Cantata“. Der gebürtige Römer saugt in einem seiner ersten Stücke aus den matriarchalisch-kraftvollen Gesängen der Frauengruppe Assurd das choreografische Potenzial und füttert es weiter an sein Ensemble. Wie sich „Cantata“ durch die neapolitanische Musik speist, so labt sich die neue Choreografie „Antiche Danze“, und mit ihr die 16 Tänzerinnen und Tänzer, an Ottorino Respighis „Antiche danze ed arie per liuto“. Hier trifft Renaissance auf Sinfonik des 20. Jahrhunderts.

Auf der Spur des klassizistischen Komponisten entwickelt Bigonzetti Reihen- und Reigentänze in zeitgenössischer Bewegungssprache, in die er mit leichter Hand Artistik, Burleskes und Commedia dell' arte-Zitate flicht. Der an Respighi angelehnte Titel „Antiche Danze“ unterstreicht die elementare Bedeutung der Musik, ebenso wie die getanzte Stille, mit der Bigonzetti jeden dieser antiken Tänze anfangen und enden lässt – als bestimme die Dauer der Stille die Kostbarkeit des Tanzes.

Wie Bigonzetti hat auch Cayetano Soto einen fabelhaften Verbündeten im Komponisten. „The sky seen from the Moon“ oder „Sweet and Bitter“ sind mystisch minimalistische Stücke des Italieners Ezio Bosso, die Soto zum Soundtrack seines faszinierenden Nachtstücks „Adastra“ montiert. Kräftig ausladende Armschwünge initiieren Bewegungsphrasen. Zu Zweit oder Dritt rudern die Tänzer durch imaginäre Räume. Auf energetische Entladungen folgen Momente der Isolation und isometrischer Balancen. Lichtduschen und Suchscheinwerfer durchmessen mal schaukelnd, mal wandernd (etwas zu) unabhängig von der Choreografie das Dunkel. Der Griff zu den Sternen, den Soto inszeniert, bleibt ein Wunschtraum. So rieselt am Ende des Stückes nur Sternenstaub vom Bühnenhimmel. Anders als in der Zimt-Orgie, bleibt das kurze Glitzern ein rein illustrativer Effekt - ohne Nachwirkung.

Der Dritte im Bunde ist der in Tel Aviv geborene und seit 1992 in Amsterdam arbeitende Itzik Galili. Der Humor seiner Mambo-Parodie „Cherry Pink und Apple Blossom White“ zur gleichnamigen Musik von Pérez Prado (1916-1989), zunächst für Gauthier Dance maßgeschneidert, passt auch den Brasilianern wie angegossen. Temporeiche Slapstick-Komik durchsetzt mit Standardtanzidiomen und kleinen, artistischen Gags, alles in uhrwerkgleicher Präzision, hat Galili das ursprüngliche Duett zum Gruppenstück erweitert. Treibende Latinorhythmen von Cha-Cha-Cha bis Twist sind unter dem wortspielerischen Titel „O Balcão de amor“ eine fetzige Hommage an den kubanischen „King of Mambo“ geworden, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiern würde. Ein witziger Kehraus in großer Besetzung. Die Fans feiern die dreifache Deutschlandpremiere mit stürmischem Applaus.
 

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