„Gone“ von Zufit Simon

„Gone“ von Zufit Simon

Auf keinen Fall Mainstream

„Gone“ von Zufit Simon im Schwere Reiter

Simon ist in ihren Arbeiten selten „gefällig“, beweist aber, wie man dem Körper noch in seinen Unterschichten Tanz abzwingen kann – der bei ihrer rigorosen Präsenz aus dem Bauch auch sinnliche Wirkkraft hat.

München, 21/11/2015

Auf keinen Fall Mainstream: ob das dynamische, gezähmt spektakuläre „I like to move it“ von 2014 oder das soeben im Münchner Schwere Reiter uraufgeführte eher bewegungsrestriktive Stück „Gone“ (vergangen, verflüchtigt) – ihre Schöpferin Zufit Simon, hierorts längst bekannt und international auf Tour, hat einen ganz eigenen choreografischen Stil entwickelt. Es sind die Bewegungs-Minimalismen, die sie interessieren, und wie sie naturgegebene Hindernisse des Körpers überwinden, ja nutzen kann.

Simon setzt diesmal dort an, wo Bewegung nur begrenzt möglich ist: im Torso. Sie und ihre drei Mittänzer, in enger Verflechtung am Boden platziert, lassen durch wiederholte Anspannung der Bauchmuskulatur den Brustkorb rhythmisch einsacken. Dieses fortgesetzte, zunächst rein abstrakte Torso-Rucken lädt sich aber bald mit Bedeutung(en) auf. Wenn sich die Akteure vornüber beugen, eine Hand auf das leicht gebeugte Knie gestützt, denken wir wahrscheinlich: Ermüdung! Wenn sie sich auf Händen und Knien fortbewegen, assoziieren wir: heimliche Flucht; wenn sie, immer noch mit pulsierendem Brustkorb, sich Hilfe suchend aneinander klammern oder der Länge nach hinsinken, denkt man an stummes Schluchzen und an totale Erschöpfung. All diese Körperbilder formen sich und lösen sich auf für neue Bilder.

Ihre Flüchtigkeit, im Titel schon angedeutet, betont Simon durch einen immer mal wieder über die Bühne brausenden Wind, den vierzehn seitlich aufgereihte stahlblaue Turbolüfter liefern. Chronologie, Zusammenhang, Logik spielen hier keine Rolle. Das fortwährende kurze Pumpen des Oberkörpers, das einmal mit lautem Hecheln begleitet wird, funktioniert wie ein Motor, der ständig neue Bewegungsformen initiiert, auch mal vom Maschinenwind durchgewehte optisch stotternde Model-Posen oder ruckartig angespannte Lachmuskeln. Simon ist in ihren Arbeiten selten „gefällig“, beweist aber, wie man dem Körper noch in seinen Unterschichten Tanz abzwingen kann – der bei ihrer rigorosen Präsenz aus dem Bauch auch sinnliche Wirkkraft hat. Ihre drei Kollegen könnten daran noch ein wenig arbeiten.

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