Johanna Roggan: „ortsflüchtig“

Johanna Roggan: „ortsflüchtig“

Die den Raum baut

Das Festspielhaus Dresden Hellerau zeigt Johanna Roggans Solo „ortsflüchtig“.

Ein Spiel mit dem Raum präsentiert Johanna Roggan (the guts company) hier im Rahmen der „Linie 08“, dem Zweig des Festspielhauses Dresden Hellerau, der die lokale Tanzszene unterstützt. Und dabei nimmt sie sich die Freiheit, nicht zu tanzen.

Dresden Hellerau, 02/11/2015

Sie stürmt den Tanzboden selbstbewusst und fügt sich damit selbst einer Installation im Raum hinzu. Was Johanna Roggan dann innerhalb von 45 Minuten versucht, ist eine Bezugnahme zu dieser Installation und ein Hineintasten in die Interaktion. Dabei nimmt sie sich die Freiheit, nicht zu tanzen. Das ist eh nicht so unbedingt ihr Ding. Performance ist ihr Schlagwort.

Die Installation von Kerstin Ergenzinger erinnert an eine Wirbelsäule, einen fossilen Rest, der mit einem Ende den Boden berührt und mit dem anderen frei beweglich ist. Durch ein Zugseil verändert Johanna Roggan immer wieder Position und Winkel dieses Spinalwesens, schiebt es durch den Raum, kommt aber nicht dagegen an. Sie bedient dieses Etwas, reicht aber selbst nicht an dessen Eigenwirkung heran.

Sie zieht sich die Schuhe aus. Und wieder an. Eine silberweiße Langhaarperücke. Das Programm spricht von Eurydike und dem Hades. Alles geschenkt. Die Zuschauer beachten die Performance der Tänzerin wenig, weil die der Installation weitaus mehr fasziniert. Durch einen Motor verschraubt sich diese Wirbelsäule in sich selbst und bringt dadurch ihre Rippen in Spiralbewegung. Gegen diesen optischen Reiz hat die Performerin keine Chance, vor allem dann, wenn sie sich von der Installation entfernt.

Und was will das Ganze? Es wäre zu simpel, zu sagen: Hier wird experimentiert. Dafür ist Johanna Roggan einfach zu weit, zu bestimmt, zu selbstbestimmt. Das überlässt sie anderen. Ihren Ansatz verstehen kann man, wenn man ihre Arbeit in der Gesamtheit betrachtet. Da ist beispielsweise ihr „Wo es eben passt, Kapitel II“, mit dem sie 2013 die 1. Sächsische Tanzplattform gewann. In jener Arbeit hatte sie sich in einem kubusähnlichen Gebilde versteckt, in dem sie performte, wobei Ausschnitte davon in verdrehter Perspektive per Kamera nach außen projiziert wurden.

Johanna Roggan ist die Verkopfte, die sich ganz zurücknimmt hinter die Konstruktion des Raumes, um in der Interaktion mit ihm selbigen erst entstehen zu lassen. Sie breitet nichts aus, ganz zu schweigen davon, dass sie etwas breitwalzen würde. Sie bietet an, serviert aber keine Antworten. Der Zuschauer kann etwas daraus machen, kann es aber auch sein lassen.

In „ortsflüchtig“ dauert es bis zu den letzten Minuten, bis tatsächlich eine direkte Interaktion mit der Installation versucht wird. Die Inbeziehungsetzung gelingt dann auch und lässt einen interessanten Dialog entstehen. Nur der Weg dahin scheint nicht so ganz klar zu sein. Wie „ortsflüchtig“ das ist, bleibt wohl die eigentliche Frage.

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