„Available Light“ von Lucinda Childs
„Available Light“ von Lucinda Childs

Ein magischer Sog

Eröffnung des Sommerfestivals in der Hamburger Kampnagelfabrik mit „Available Light“ von Lucinda Childs

Mit der Europa-Premiere eines Meisterwerks der Tanzkunst eröffnete am vergangenen Mittwoch das diesjährige Internationale Sommerfestival in der Hamburger Kampnagelfabrik.

Hamburg, 07/08/2015

Festivalleiter András Siebold war es gelungen, „Available Light“ nach Hamburg zu holen, ein Stück der US-amerikanischen Choreografin Lucinda Childs in Kooperation mit dem zeitgenössischen Komponisten John Adams und dem international renommierten Architekten Frank Gehry für das Bühnenbild. „Available Light“ wurde schon 1983 anlässlich der Eröffnung vom Museum of Contemporary Art in Los Angeles uraufgeführt. Gehry hatte dafür analog der Industrie-Architektur des Museums ein ebenso schlichtes wie zwingendes Bühnenbild entworfen, lange bevor er mit dem Guggenheim-Museum in Bilbao und der Disney Concert Hall in Los Angeles Weltruhm erlangte. Für die überarbeitete Wiederaufnahme im Juni 2015 in L.A. konzipierte er einen Hintergrund aus Maschendraht und einer von fünf Stahlrohr-Käfigen gestützten zweiten Ebene.

Lucinda Childs entwickelt hier mit ihren insgesamt elf TänzerInnen (vier in Rot, vier in Schwarz, drei in Weiß) eine streng geometrisch angeordnete doppelstöckige Formation, in der bestimmte, einander ähnelnde und doch immer wieder anders komponierte Bewegungsabfolgen sich wiederholen, verschieben, gegenläufig anordnen, mal allein, mal zu zweit, mal zu mehreren. Das produziert gerade durch diese anscheinende Monotonie, die alles andere ist als eintönig, einen nahezu magischen, meditativen Sog. Jedesmal, wenn man gerade zu ermüden droht, weckt eine neue und andere Anordnung das Auge zu neuem Sehen. Jeder Bewegungsfolge ist eine fast schwerelose Leichtigkeit eigen, eine berückende Transparenz und Harmonie.

Die Tänzerinnen und Tänzer zeigen hier eine bewundernswerte, fast eine Stunde anhaltende Ausdauer und Konzentration, denn bei diesen vielen, exakt aufeinander abgestimmten Mustern darf nichts zu früh oder zu spät kommen, da darf kein Schritt unsauber sein, keine Arabesque zu hoch oder zu tief, keine Drehung zu schnell oder zu langsam. Gerade durch diese absolute und konsequente Exaktheit schlägt das Stück in den Bann.

John Adams’ minimalistische Musik für Synthesizer und Bläser ist wunderbar darauf abgestimmt und umhüllt das Ganze mit den passenden Klangfolgen, die sich zum Schluss hin in wunderbarer Kongruenz mit der Choreografie zu einem furiosen Finale steigert.

Weitere Vorstellungen: Freitag, 7.8., und Samstag, 8.8.2015. www.kampnagel.de oder vom 13.8. bis 15.8. bei Tanz im August in Berlin www.tanzimaugust.de

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