„Body & Language“ am Nationaltheater Mannheim

„Body & Language“ am Nationaltheater Mannheim

Was die Körper auf die Bühne schreiben

Zum neuen Mannheimer Tanzabend „Body & Language“ von Lukáš Timulak

An Choreografen herrscht im Mannheimer Nationaltheater kein Mangel. Nicht nur Ballettchef Kevin O’Day und seine Partnerin Dominique Dumais choreografieren regelmäßig für die Company, sondern auch Talente aus den eigenen Tänzerreihen.

Mannheim, 26/05/2015

An Choreografen herrscht im Mannheimer Nationaltheater kein Mangel. Nicht nur Ballettchef Kevin O’Day und seine Partnerin Dominique Dumais choreografieren regelmäßig für die Company, sondern auch Talente aus den eigenen Tänzerreihen. Der Kanadier Robert Glumbek erhielt als erster den Auftrag für ein abendfüllendes Stück („Casanova“, 2013). Der zweite ist sozusagen ein Externer: Lukáš Timulak, ein Ex-Tänzer von Nederlands Dans Theater, der selbst schon eine beachtliche choreografische Karriere gestartet hat. „Body & Language“ ist der Titel seines Stückes, und die Überschrift ist Programm – genauer gesagt, Konzept – für den Tanzabend. Denn in Zusammenarbeit mit dem hochkarätigen Schriftdesigner Peter Bil’ak (verantwortlich für Bühne und Video) ging er der Frage nach, was Körpersprache und Schriftsprache gemeinsam haben – mehr, als man auf den ersten Gedanken hin meinen könnte.

Zum Glück verharrt der Tanzabend aber nicht in der durchaus vorhandenen intellektuellen Fragestellung, sondern nähert sich dem Thema auf einem unverkrampften ästhetischen Weg: in manchmal witzigen, durchweg spannenden Bildern – an denen die Lichtdesignerin Loes Schakenboes (ehemalige Bühnenmeisterin des NDT und bevorzugte Lichtkünstlerin der Heidelberger Tanzchefin Nanine Linning) entscheidenden Anteil hatte.
Die 26 Buchstaben des Alphabets sind als Schriftzeichen aufs äußerte reduzierte Kürzel, die in immer neuer Kombination eine Welt voller Inhalte ausdrücken können. Körper sprechen dagegen gerade durch ihre immense Vielfalt und unverwechselbare Einzigartigkeit, denen der Tanz als gemeinsamer Code dient. Und doch: Wenn zu Beginn nur die fünfzehn Beinpaare des Mannheimer Ensembles als untadelige Reihe im sanften Gegenlicht über die Bühne marschieren, während die Oberkörper hinter einem breiten Balken verborgen bleiben, dann verwischen sich plötzlich alle individuellen Unterschiede, und man könnte durchaus auch eine Reihe marschierender Buchstaben „A“ sehen. Von A bis Z können die Körper durchaus Silhouetten bilden, die an Buchstaben denken lassen.

Den sechs Abschnitten der Choreografie, die mit zeitgenössischer „Konzeptmusik“ unterlegt sind (Henry Vega, Hauschka, Moondok, Peter Broderick), sind einzelne Buchstaben assoziativ zugeordnet. Zwischen Gemeinsamkeit und Verbindlichkeit der Körpersprache, in anspruchsvollen Ensembleparts und individuellem Ausdruck, zwischen verbindenden Menschheitsthemen („Turmbau zu Babel“) und attrakiven Symbolen hält der Abend unaufgeregt die Spannung. Peter Bil’ak zieht alle Fäden optischer Bühnenwunder, lässt geometrische Körper wie den Rhombicuboctahedron mit 26 Flächen oder ein Bauwerk aus aufgefädelten Bällen vom Schnürboden herabsinken und setzt Video zur grafischen Akzentuierung ein – da ist ein außergewöhnlicher Designer am Werk. Zurückhaltend, aber mit genau dem richtigen Händchen fürs Detail hat Kostümbildnerin Bregje van Balen (ebenfalls frühere NDT-Tänzerein) fließende aktuelle Kleidungsstücke entworfen – individuell angepasst und doch eher die Linien der Bewegungen als den Schnitt des einzelnen Körpers betonend. Das alles bleibt im vorherrschenden Weiß-Schwarz-Grau-Blau; auch die Farben ordnen sich hier den Formen unter.

Das fünfzehnköpfige Mannheimer Ensemble (stellvertretend sei Ausnahmetänzerin Zoulfia Choniiazowa gennant) zeigt einmal mehr, was es kann: unisono oder solo, ganz äußere Form oder ganz innerer Ausdruck – das Premierenpublikum war begeistert.

Nächste Aufführungen: 27.5., 21. 6., 5. und 18. 7.

www.nationaltheater.de

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