Dustin Klein mit „Repeater RPTR“ im Schwere Reiter München

Dustin Klein mit „Repeater RPTR“ im Schwere Reiter München

Ein junger Erfinder

Pick bloggt: Über Dustin Kleins „Repeater RPTR“

Der Nachwuchssolist des Bayerischen Staatsballetts lässt seinen choreografischen Ambitionen zu Recht freien Lauf. Mit seinem Stück erobert er die Off-Bühne des Schwere Reiter in München.

München, 19/05/2015

Mehrere Tage habe ich gebraucht, um mich von den Strapazen der Streikwoche zu erholen. Eigentlich hatte ich viel vor, aber die Hälfte davon fiel der GDL zum Opfer – etwa durch eine Stunde Stillstand im ICE in Stuttgart wegen Überfüllung, am Ende wurde der Zug polizeilich geräumt, doch von einem Anschluss in Mannheim konnte man allenfalls träumen. Auch auf der Autobahn war kein Durchkommen: dreieinhalb Stunden von München nach Ulm, so dass in Stuttgart die Premiere von Gauthier Dance ohne mich stattfand, mit Roller Skates wäre ich schneller gewesen.

In München sah ich außerhalb von Dance 2015 die Produktion „Repeater RPTR“ im Schwere Reiter von und mit Dustin Klein, einem Nachwuchssolisten des Bayerischen Staatsballetts, der seinen choreografischen Ambitionen zu Recht freien Lauf lässt. Die 2. Vorstellung, ausverkauft und beim Publikum ein rauschender Erfolg! Und doch scheitert sie nach meinem Gefühl auf hohem Niveau wegen der Texte von Anna Gschnitzer, die von dem Schauspieler Felix von Bredow mit an Wahnsinn grenzender Hingabe den Tänzern und dem Publikum, mit oder ohne Verstärkung, um oder in die Ohren flogen. Sinn oder Unsinn habe ich vergeblich zu erforschen gesucht, aber ich gebe zu, ich gehöre nicht zur Generation Smartphone, im Gegensatz zum Großteil der Besucher.

Zunächst macht aber ein skurriler junger Mann (Simon Karlstetter) seinen Auftritt mit Musik, die stellenweise durchaus originell ist und den Tanz zwar nicht beflügelt, dazu wäre kein Anlass gewesen bei einem so tiefschürfenden Plot, aber stützt. Dann tritt der wunderbare Peter Jolesch auf. Es ist, als habe er sich in der Adresse geirrt und so verlässt er heiteren Mutes das Lokal wieder. Keine Sorge, er kam immer wieder und versuchte sich dessen zu erinnern, was er gar nicht wissen konnte, mit Händen und Füßen und allem, was einen Charaktertänzer ausmacht. Ich habe ihn um die Rolle beneidet, ich hätte sie auswegloser, dramatischer angelegt. Aber das war hier nicht gefragt. Er war perfekt in diesem kühlen Raum mit einer Wand aus Monitoren, die glücklicherweise nur selten flimmerten – warum auch?

In dieser Stunde wurde aber nicht nur performed, der junge Erfinder des Stücks ist seines Hand- und Fußwerks sicher und kann sich einer Reihe junger Solisten bedienen, zum Teil sogar handgreiflich. Am Anfang ist es vor allem der Puck aus dem „Sommernachtstraum“ (Illia Sarkisov), der uns staunen macht, was er alles kann. Und dann die Damen Zuzana Zahradníková, Stephanie Hancox und Emma Barrowman – jede glänzt verhalten für sich, wie es sich in einem Stück des 21. Jahrhunderts, in dem Staub nichts verloren hat, gehört – obwohl die Tänzer sicherlich alle noch im 20. Jahrhundert geboren sind, das Geburtsdatum zählt hier aber nicht.

Nun noch ein Wort zum Tänzer Dustin Klein, der sich selbst etwas auf den Leib choreografiert hat: Erstmal freue ich mich, dass dieser junge Landsberger ein Schüler von Heinz Manniegel, dann Jaga Antony und zum Abschluss an der Royal Ballet School war. Ich frage mich, warum er wohl nach Deutschland zurückgefunden hat? Ist es tatsächlich der Ruf des Avantgardistischen, den das Goethe-Institut als prägend für Deutschland von Pina über die Linke und die Hoffmann und nun Goecke in der Welt verbreitet? Oder ist dieser junge Mann einfach nur geerdet in Bayern und will seinen Hiesigen nun zeigen, was Sache ist? Als Tänzer und Partner auf der Bühne strahlt er jedenfalls überzeugende Vitalität aus und wenn es sich um das Ensemble dreht, verschwindet er in Bescheidenheit, obwohl er allen Grund hätte auf sich aufmerksam zu machen. Es spricht im Übrigen auch besonders für das Nachwuchstalent, dass er selbst in seinen eigenen Stücken von Anfang bis zum Schluss dabei ist, und nicht nur als Bonbon irgendwie etwas für sich macht. Nur wer es am eigenen Leib erfahren hat, weiß, wie schwer es ist – er hat meine Hochachtung.

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