Alexandre Achour mit „Speaking about the ghost“ auf K3 Hamburg

Alexandre Achour mit „Speaking about the ghost“ auf K3 Hamburg

Das wandernde Dreieck

Alexandre Achour mit „Speaking about the ghost“ auf K3 in Hamburg

Im Rahmen von „Tanzhochdrei“ präsentierte Alexandre Achour die Ergebnisse seiner Recherche zum Thema „Partizipation“. Eine der stärksten Entscheidungen des Probenprozesses: kein Mitmach-Stück für Zuschauer darüber zu machen.

Hamburg, 30/03/2015

Von Katya Statkus

Im Rahmen von „Tanzhochdrei“ auf K3 in Hamburg präsentierte Alexandre Achour die Ergebnisse seiner Recherche zum Thema „Partizipation“. Und eine der stärksten Entscheidungen des Probenprozesses sollte vielleicht genau diese gewesen sein: kein Mitmach-Stück für Zuschauer darüber zu machen. Der Titel der Performance ist „Speaking about the ghost“ – der Geist, von dem hier gesprochen wird, scheint die Partizipation selbst zu meinen.

Der Zuschauerraum ist wie ein Quadrat mit kleinen Tribünen an allen vier Seiten aufgebaut. In der Mitte bleibt eine kleine freie Fläche. Die drei Performer sitzen jeweils in den ersten Reihen auf verschiedenen Seiten. Sie bilden ein Dreieck, das sich mit den ersten Besuchern, die Platz nehmen, relativ schnell auflöst. Für einen Moment scheinen sie selbst Teil des Publikums zu werden. Die Raumstruktur bricht mit der klassischen Zuschauerperspektive. Durch die Anordnung der gegenüberliegenden Tribünen, von denen aus jeder jeden sehen kann, wird ein Zustand der Intimität hergestellt.

Die Performance folgt in seiner Dramaturgie dem klaren Wechsel unterschiedlicher Monologe. Um nur einige davon zu nennen – nach dem Eröffnungsmonolog, der die partizipative Rolle des Zuschauers im Futurismus verhandelt, schließt sich ein revolutionärer Aufruf zum Sturm auf das Winterpalais in Sankt-Petersburg an. Später wird es eine provokante Beschimpfung des Publikums wegen Ausländerfeindlichkeit geben, in der die Performerin Verena Brakonier das Publikum sehr überzeugend als Nazis beschimpft. Im Anschluss folgt ein tragisch-komischer Monolog von Saša Asentić – er beschreibt eine Gruppe von Besuchern in einer Galerie, die unter dem Einfluss von Lachgas stehen und darüber einen gemeinsamen sozialen Akt teilen. Im weiteren Verlauf gibt es einen sehr meditativen Monolog von Helen Schröder, der eine unglaubliche Ruhe in das Stück bringt. Er basiert auf einer Aktion der Gruppe „Collective Actions Group“, die in sowjetischen Zeiten in die Natur fuhr, um dort spazieren zu gehen und „sinnlose“ Sachen zu machen. Die Geschichten in den Monologen werden sehr fein durch das Licht und durch die minimalen, genau gesetzten Bewegungen der Performer unterstützt.

Auch wenn das Stück auf einer Dramaturgie des Storytellings aufgebaut ist und dabei viele verschiedene Themen antastet, könnte man es als Kritik an die Idee der Partizipation lesen. In den einzelnen Geschichten scheint immer wieder der illusorische, utopische und auch destruktive Charakter der Partizipation durch. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen erlaubte dieses Stück eine andere Art der „Partizipation“ - als Choreografie des eigenen Blicks: intensiver Blickaustausch mit den anderen Zuschauern, beobachten und beobachtet werden, um dann wieder auf sich selbst zurückgeworfen zu sein.

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