„A Swan Lake“ von Alexander Ekman

„A Swan Lake“ von Alexander Ekman

Schwanensee-Fantasien im Wasser

Alexander Ekmans „A Swan Lake“ aus Oslo auf DVD bei Arthaus Musik

Tschaikowskis „Schwanensee“ musste sich inzwischen vielen Interpretationsversuchen aussetzen, sie gelangen mehr oder weniger. Jetzt also Ekmans Wasservariante als spritziges Satyrspiel.

Oslo, 21/09/2014

Der Choreograf Alexander Ekman kommt aus Schweden. Er ist ein Newcomer. Seine Kreationen sind oft witzig. Bis vor kurzem liebte Ekman offensichtlich Kakteen, „Cacti“ heißt seine erfolgreiche Choreografie, inzwischen mehrfach einstudiert, sie war wohl stacheliger gemeint als sie am Ende wirkt.

Alexander Ekman liebt auch das Wasser. Als er klein war spielte er immer im Waschbecken. Er wollte, so erfahren wir im Booklet zu seiner neuesten Arbeit „A Swan Lake“ ein Wasser-Ballett inszenieren. Das wollten andere vor ihm auch schon, nicht wenige gingen dabei baden. Also, ein Ballett am Wasser und im Wasser, da bietet sich ja auch nichts besser an Tschaikowskis Klassiker - „Der Schwanensee“. Die Geschichte geht auf eine Sage zurück, und die spielt an einem Teich in der Nähe der Sächsischen Stadt Zwickau. Wie Alexander Ekman mit seiner Variante vom Schwanensee ins Wasser geht, kann man jetzt ganz trocken am Bildschirm ansehen, denn bei Arthaus Musik ist der Premierenmitschnitt von Ekmans Inszenierung mit dem Norwegischen Nationalballett vom 26. April dieses Jahres im Osloer Opernhaus erschienen. Das 2008 eröffnete neue Opernhaus liegt selbstverständlich am Wasser.

Tschaikowskis „Schwanensee“ musste sich inzwischen vielen Interpretationsversuchen aussetzen, sie gelangen mehr oder weniger. Auf manche, wie die Deutung John Neumeiers in „Illusionen wie Schwanensee“, möchte man nicht mehr verzichten, andere wurden schnell vergessen. Die Späße kräftiger Tänzer in Tutus und auf Spitze verlieren ihren Reiz mit der Flüchtigkeit des Augenblicks der Wahrnehmung, inzwischen völlig frei von jeder Art der Überraschung, geschweige denn auch nur eines Anfluges von Provokation.

Jetzt also Ekmans Wasservariante. Bevor es ins Wasser geht, muss man den ersten Akt überstehen. Das fällt nicht ganz leicht. Da ist ein Raum mit mindestens 20 Türen, den hat Ekman als sein eigener Bühnenbildner entworfen, und wie zu erwarten gehen die Türen auf und zu, Menschen kommen und gehen, es wird ganz schön kräftig „gemarthalert“ und dazu passt auch, dass eine hüftstarke Diva beständig „sopraniert“. Ein Dialog zwischen einem Produzenten und einem Autor darüber, wie man ein Musical mit dem Titel „Swan Lake City“ zum Erfolg bringen könnte, will kein Ende nehmen.

Musik gibt es auch. Tschaikowski muss her halten, seine Musik hält das aus, die wird man auch in Zukunft spielen. Ob man die von Mikael Karlsson dann auch noch kennt, sei dahin gestellt. Er verwendet Zitate und Motive und mixt einen temporären Sound für großes Orchester, nicht ohne Reiz, aber auch nicht gerade umwerfend.

Im zweiten Akt, der dann 137 Jahre später spielt, gibt es nichts mehr von Tschaikowski. Die Musik wird zum Sound. Das kann mitunter recht interessant klingen, etwa wenn die Geräusche plantschender Tänzerinnen und Tänzer sich mit denen des Orchesters mischen. Passend zum Thema und zum Geschehen, jetzt auf unter Wasser gesetzter Bühne, Musik für Wasserklänge und Orchester.

Natürlich macht das alles großen Effekt. Das ist auch nicht so schwer. Die Tänzer im Wasser, ihre Bewegungen, dazu Licht und Spiegelungen, Klänge und eben die mitunter ganz schön genau kalkulierte „Wassermusik“ machen was her. Beim rhythmischen Planschen - wild schlagen die Protagonisten aufs Wasser - mag man an Reinigungsrituale denken, an die unbändige Lust spielender Kinder oder an den Übermut Erwachsener, die sich mit kindlicher Lust und Unbefangenheit bei übermütigen Wasserspielen hingeben. Dazu jazzt das Orchester mit viel Schlagwerk. Es wird auch mal ganz lustig: ein Tubaspieler in Gummistiefeln, Männer lassen ihr Wasser ins Wasser - was sonst, Menschen spielen Wasserspeier, Wasserbälle, Schwimmringe, eine Unmenge kleiner Quietscheentchen fällt vom Bühnenhimmel ins Wassertheater und die blonde Diva fuchtelt mit einem Föhn herum. Erraten! Kurzschluss, da ist die große feuchte Show erst mal zu Ende, noch etwas Romantikstimmung, Kerzenlicht und Wasser. Ach, wie schön. Ein großes Schwanenboot gleitet über den Schwanensee... na ja, ein paar Anklänge an das Bekannte gibt es auch, Posen eines sterbenden Schwanes, weißer Schwan, schwarzer Schwan, Siegfried mag man auch erkennen, aber der Erkenntnisgewinn insgesamt hält sich in Grenzen.

Akt drei dieser Version aus Redeschwall und feucht-fröhlichem Übermut spielt über 400 Jahre später und dürfte mit gut einer Minute Dauer der kürzeste einer Ballettaufführung sein. Willkommen in der schönen neuen Welt possierlicher Roboter mit Schwanenfedern im Schwanensee von Alexander Ekman.

Weil man nach dieser Wasserschlacht ganz und gar nicht fürchten muss, dass sich dergleichen weltweit durchsetzen wird, sollte man sich diese mitunter doch ganz schön spritzige Schwanenseevariante als eine Art Satyrspiel auf jeden Fall ansehen.
 

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