„Macho Dancer“ von Eisa Jocson

„Macho Dancer“ von Eisa Jocson

Genuss der Pose

Eisa Jocsons „Macho Dancer“ beim Theaterfestival Basel

Mit Ernsthaftigkeit und Selbstverständlichkeit in den einzelnen Bewegungen arbeitet Jocson mit ihrem Körper, lotet dessen Grenzen von geschlechtlicher Repräsentation aus und zeigt an diesem Abend tänzerisch eine beeindruckende Leistung.

Basel, 06/09/2014

Mattes Licht, eine große Nebelwolke und das laute Stampfen harter männlicher Schritte zu Metallicas „Devil’s Dance“. Langsam lichten sich die Nebelschwaden, eine zierliche Frau, Kaugummi kauend und mit sehr knappen Shorts, dafür aber umso dominanteren Cowboystiefeln bekleidet, wirft all ihre Männlichkeit in eine machoide Pose.

Seit knapp einem Jahr ist die philippinische Tänzerin Eisa Jocson mit ihrer Performance „Macho Dancer“ auf vielen europäischen Tanz- und Theaterfestivals zu sehen, so auch beim Theaterfestival Basel. Mit ihrem Macho Dance, einer in philippinischen Nachtclubs verbreiteten Tanzform, verhandelt sie Themen wie Gender, Sex, Identität und Konsum erfrischend klischeefrei. Und das obwohl, oder vielleicht auch gerade weil der Macho Dance nichts anderes tut, als Männlichkeitsklischees zu (re)produzieren. Doch indem Jocson diese Klischees lediglich ausstellt, können sie ihre ganze Kraft entfalten und sich damit wieder selbst dementieren.

Konzentriert und mit enormer Präsenz gleitet Jocson von einer Pose in die nächste. Jeder noch so kleine Muskel scheint sich nie zufällig an- oder zu entspannen. Stahlharte Muskeln zeigen eine stahlharte Männlichkeit, unterstrichen nicht zuletzt durch eine deutlich sichtbare Penisattrappe. Und doch sind die Übergänge fließend, weich, fast zart. Mit Ernsthaftigkeit und Selbstverständlichkeit in den einzelnen Bewegungen arbeitet Jocson mit ihrem Körper, lotet dessen Grenzen von geschlechtlicher Repräsentation aus und zeigt an diesem Abend tänzerisch eine beeindruckende Leistung. Unterstützt wird sie durch eine Musikdramaturgie, die es schafft mit drei Songs von Metallica, Boney Tyler und Erik Santos eine zwischen harter Männlichkeit, Romantik, Nachtclub und theatraler Performance schwankende Welt hörbar zu machen.

Eisa Jocson zeigt, sie präsentiert nicht. Damit lässt sie das Publikum allein: mit dem Kontrast eines weiblichen Körpers, der sich in männlichen Posen bewegt; mit Fragen nach (geschlechtlicher) Identität, die sich noch zuspitzen, wenn Jocson ihr Gesicht durch ihre langen schwarzen Haare verdeckt; mit der Atmosphäre einer im Tanz angelegten, aber in der Performance nicht ausgelebten, auf Konsum ausgerichteten Präsentation.

Hochprofessionell, eindeutig und doch vielsagend tanzt Jocson. Mit und in ihrem Tanzen stellt sie Fragen, verweist auf Brüche, deutet Antworten an und trifft doch keine Aussage. So kann Tanz einen Beitrag leisten zu gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit ohne in Klischees, abgedroschene Antworten oder Allgemeinplätze zu verfallen, indem er sein ganz eigenes Potential einer spezifischen Körperlichkeit nutzt.
 

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