„the fault lines“ von und mit Meg Stuart und Philipp Gehmacher

„the fault lines“ von und mit Meg Stuart und Philipp Gehmacher 

Bruchlinien zwischen zwei Körpern

Tanz, Performance und Installation bei der Ruhrtriennale auf Pact Zollverein

In „the fault lines“ verschmilzt der Tanz von Meg Stuart und Philipp Gehmacher mit der Videokunst von Vladimir Miller. Mensch und Technik umarmen sich zum anrührenden Kunstwerk aus Performance und Installation.

Essen, 21/09/2013

Eine Batterie modernster, technischer Gerätschaft füllt die rechte Seite des Spielraums, der hufeisenförmig durch weiße Wände begrenzt ist. Neonlichtleisten verlaufen am Boden. Auf der rechten Wand ist eine winzige Leinwand sichtbar, gegenüber ein wandhoher Faltenvorhang. Vor den Scheinwerfern, Kameras, Lautsprechern, Verstärkern und dem Monitor hockt im Schneidersitz, mit dem Rücken zur Publikumstribüne auf Pact Zollverein, der Installationskünstler Vladimir Miller als Beobachter und Interakteur einer Szene, die sich links abspielt.

Verhärtete Fronten zunächst: Meg Stuart verharrt reglos, an die Rückwand gelehnt. Philipp Gehmacher erhebt sich aus seiner (lauernden? erschöpften?) Ruhehaltung, geht ein paar Schritte in den Raum hinein. Stuart geht auf ihn zu. Atmen wird aus dem Verstärker hörbar, später ein Schnaufen, Keuchen, Ächzen, Seufzen. Mit völlig verdrehten, verqueren Umarmungen trifft das Paar aufeinander, ringt miteinander, kämpft gegeneinander - stehend, fallend, liegend. Verschwommen hält der Monitor die „Bruchlinien“ („the fault lines“) zweier menschlicher Körper auf winzigster Bildfläche fest. Erschöpft liegt das Paar später beieinander, manchmal wie tot der eine oder die andere und dann geradezu zärtlich betreut und betrauert. Immer wieder flammt der Kampf auf, immer häufiger mündet er in harmonischen Umarmungen. Wer weiß, wie oft schon vorher und hernach? Ein selig-verschmitztes Lächeln breitet sich über Stuarts Gesicht aus, wenn sie sich wie ein Kind geborgen in Gehmachers starke Arme schmiegt. Solche Momente purer Menschlichkeit machen den besonderen Reiz dieses vielschichtig raffinierten Kunstwerks mit moderner Technik aus.

Der Wechsel von der Performance zur Installation vollzieht sich allmählich. Miller bannt das Paar anfangs auf den winzigen Monitor, fängt später Details ihrer Körper wie mit einem Brennglas ein. Schließlich wirft er ihr Abbild in Vergrößerung auf die Rückwand, fügt mit spitzem Filzstift schwarze Linien, Beschriftungen, Schraffierungen ein. Sanfte Streicher- und Klavierklänge untermalen das Szenario. Mit Hilfe einer buntglitzernden Metallplatte zieht Miller einen Vorhang über die Szene - fast kitschig, soviel technisch verfremdete menschliche Glückseligkeit. Sie wird denn auch durch neue technische Formatierungen aufgehoben, Verhältnisse und Perspektiven noch einmal verändert. Ein „Spiel“ ohne Ende.
 

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