„Maria XXX“ von Heike Hennig

„Maria XXX“ von Heike Hennig

Bitte mal herschauen!

Tanzplattform Sachsen 2013

Zwei Tage lang lud die Tanzplattform Sachsen 2013 auf den grünen Hügel am Rande von Dresden ins Europäische Zentrum der Künste Dresden. Eine Leistungsschau der freien Szene. Ganze neun Arbeiten waren zu sehen.

Dresden , 06/05/2013

Wundgucken war angesagt. Zwei Tage lang lud die Tanzplattform Sachsen 2013 auf den grünen Hügel am Rande von Dresden ins Europäische Zentrum der Künste Dresden. Eine Leistungsschau der freien Szene. Ganze neun Arbeiten waren zu sehen. Die Qual der Wahl. Angesichts dieses bunten Gemüsegartens darf man eins natürlich nicht vergessen: Was hier gezeigt wurde, war eine Auswahl an Choreografien, die von einer Jury eingeladen waren. Und wie das eben so ist mit dem Geschmack.

Wenn man mal die alten Hasen und Lokal-Matadoren Shot AG („Ich wollte doch nur...“) außen vor lässt und Nicole Meier/carrot dancers („Partvision“) als etablierte Künstlerin (nicht in böser Absicht) mal ein bisschen zur Seite schiebt wird der Blick frei auf, nunja, nicht unbedingt in jedem Sinn Umwerfendes. Durchwachsen, sollte man sagen. Aber natürlich ist auch das gut so.

Zäumt man das Pferd von hinten auf bleibt man gleich wieder im Galopp stecken. Die letzte Arbeit der Reihe, Heike Hennigs für Hellerau eingerichtete Version ihrer „Maria XXX“, lief nämlich eigentlich auch außer Konkurrenz, also auf der Haben-Seite. Ihre heilige Hure fegte mit überbordender Sinnlichkeit und Sicherheit in der dramaturgischen Handschrift eigentlich alles bis dahin Gezeigte spurlos aus dem Saal. Der situationsbedingte Kompromiss Halb-Playback für die Sänger war zwar unschön, aber darüber konnte man angesichts der beeindruckenden performativen Sprache leicht hinweg sehen.

Und sonst? Was ragte heraus? Da ist zum einen das Konzept von Johanna Roggans Videoperformance „Wo es eben passt, Kapitel II“. Die Art der Performance selbst wird hier in den Hintergrund gerückt, während sie sich in einem dem Publikum fast gänzlich verschlossenen Kubus bewegt. Ihr Treiben wird per Video nach außen projiziert, jedoch in den Perspektiven verschoben. Das Bemerkenswerte daran ist leicht formuliert: Das Ganze erinnert einen nachhaltig daran, dass dieses Jahr ja wieder Biennale in Venedig ist. Also schnell noch günstige Flüge buchen. Diese Performanceinstallation passt zwar nicht ins Handgepäck, ist aber mit drübergelegtem Basston in jedem Falle tauglich für die Giardini.

Es gibt aber einen heimlichen (?) Gewinner in der Publikumsgunst, und sein Name ist Hermann Heisig. Was er in seiner einstündigen Arbeit „Slap/Stick“ zeigt spottet jeder Beschreibung. Charmant, bieder und entzückend grotesk. Im Programmtext fällt der Name Helge Schneider. Das bringt die Sache so ziemlich auf den Punkt. An dessen Humor lehnt sich diese Arbeit an. Was Hermann Heisig hier tut, ist grundsätzlich erstmal: nichts. Dieses ausgesucht lächerliche Stück glänzt mit hintergründigem Humor. Seine komödienhaften Auf- und Abgänge setzen den Rahmen für eine konsequent sinnfreie „Handlung“. Hier macht sich einer über sein Publikum lustig. Und das in voller Breitseite. Absenz von Sinn, Inhalt und Dramaturgie. Hermann Heisig im Bummelland. Diese inspirierte Zusammenhanglosigkeit wird passend leichtfüßig getragen von einer komplett blödsinnigen Soundcollage. Lokomotivpfiffe, Autohupen, Pferdegetrappel, Feuerwerksknallen. Dieses Konzept ist mutig. Und es geht auf. Hermann Heisig schlakst um eine Styroporsäule wie um das Goldene Kalb. Und dabei stets mit diesem süffisanten Gentleman-Lächeln im Gesicht. Ein einziger Befreiungssschlag.
 

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